SPD-Bundestagsabgeordneter Marcus Held ist es ein wichtiges Anliegen, den Namensbeitrag von Außenminister Frank-Walter Steinmeier in ganzer länger auch auf seiner Homepage zu veröffentlichen. Eine Quellenangabe befindet sich am Ende des Namensbeitrages:
„Es ist dieses dunkle Gefühl der Beklemmung, das überall zu spüren ist, das einen umgehend ergreift und nicht mehr weicht, das einen ständig in sich hineinhorchen lässt mit der bangen Frage, ob man selbst an sich schon erste Anzeichen der Krankheit entdeckt.“ Nach der Rückkehr von seiner ersten Reise in das Krisengebiet waren dies die ersten Worte, mit denen mir Walter Lindner, der Sonderbeauftragte der Bundesregierung für den Kampf gegen Ebola, seine Eindrücke beschrieb. Wie zigtausende Andere ist er zu einem Menschen geworden, der anderen nicht einmal mehr die Hand zur Begrüßung gibt. Eine Vorsichtsmaßnahme für all diejenigen, die potentiell Überträger des todbringenden Virus sind. Er gehört nun dazu.
Ich bin zu Beginn dieser Woche aus Nigeria zurückgekehrt. Nigeria hat Ebola besiegt und trotzdem stand bei all den Gesprächen, die ich dort gemeinsam mit meinem französischen Freund Laurent Fabius geführt habe, der Kampf gegen das Virus im Zentrum. Das Beispiel Mali mit dem gerade aufgetretenen ersten Ebola-Fall mahnt, uns nicht zu früh in trügerischer Sicherheit zu wähnen.
Für uns ist klar: Wir dürfen die Menschen nicht allein lassen – und wir lassen sie nicht allein! Ich verstehe jeden, der den Eindruck hatte, die internationale Staatengemeinschaft würde nicht genug tun. Und ich füge selbstkritisch hinzu: Der Vorwurf ist richtig, dass wir auf die Größenordnung und auf die Dynamik der Epidemie nicht ausreichend vorbereitet waren. Umso wichtiger ist nun, dass wir unsere Anstrengungen bündeln, um der Ausbreitung der Epidemie Herr zu werden. Wir sind erste Schritte gegangen, aber vom Ziel sind wir im Moment noch weit entfernt.
Das Virus hat sich tief in die Gesellschaften in Liberia, Guinea und Sierra Leone gefressen. Über 10.000 Menschen sind infiziert, fast 5.000 Tote sind bereits zu beklagen und das sind nur die offiziellen Zahlen. Zu dieser humanitären Krise droht eine politische und soziale Krise zu treten: Ernten werden nicht eingefahren, Schulen verwaisen, das soziale Leben gefriert. Wankende Gesellschaften und zerfallende staatliche Strukturen sind der Nährboden für Unruhen, Radikalisierung und Instabilität. Diese schlimmen Zusammenhänge kennen wir bereits leider aus anderen Krisen.
Vor diesem Hintergrund hat der Generalsekretär der Vereinten Nationen eine Notmission für Westafrika ins Leben gerufen, die eine neue Form der internationalen Zusammenarbeit generieren soll. Sie ist die erste medizinische Notmission der Vereinten Nationen überhaupt.
Die Bundesregierung stellt ihr Engagement in den Kontext dieser internationalen Allianz:
Wir haben umgehend über 100 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Diese Mittel gehen an die WHO und humanitäre Nichtregierungsorganisationen, die direkt vor Ort die dringend notwendige Hilfe leisten. Als einziger großer internationaler Geldgeber ist Deutschland in allen drei hauptbetroffenen Ländern aktiv.
Die Bundeswehr hat eine Luftbrücke eingerichtet und ist dabei, mit bis zu 100 Soldatinnen und Soldaten eine Logistikkette aufzubauen und zu betreiben.
Das Deutsche Rote Kreuz und die Bundeswehr werden in Monrovia gemeinsam ein Krankenhaus einrichten und betreiben, dessen Kapazität auf über 100 Betten anwachsen soll. Gemeinsam mit Spanien ertüchtigen wir zudem ein Behandlungszentrum in Sierra Leone. Zudem geht es um die Unterstützung des Deutschen Roten Kreuzes, zusätzliche Diagnostiklabore und vor allem logistische Unterstützung von Hilfslieferungen.
Es existiert weltweit bisher nur ein Flugzeug für die Evakuierung akuter Krankheitsfälle aus der Region. Wir haben beschlossen, mit der Umrüstung eines Airbus 340 hier zusätzliche Kapazitäten zu schaffen. Hinzu kommt die Ausrüstung von Transall-Flugzeugen mit Isolationsstationen zur Evakuierung weniger akuter Fälle.
Nach meiner festen Überzeugung gehört es zur internationalen Verantwortung eines Landes mit einem der besten Gesundheitssysteme der Welt, seine Kapazitäten bereitzustellen, wenn sie akut gebraucht werden, um Leben zu retten. Wir haben bisher drei Ebola-Fälle in Deutschland behandelt und stehen weiterhin bereit, wenn wir gefragt werden.
All diese materielle Unterstützung wäre nichts wert ohne die Menschen, die sich bereit erklären, vor Ort in einem Einsatz zu helfen, der für sie nicht ohne Risiken ist. Wir haben in letzter Zeit in der deutschen Außenpolitik viel über die Notwendigkeit gesprochen, dass unser Land mehr Verantwortung übernehmen sollte. Unser Dank und unsere Anerkennung verdienen heute schon diejenigen, die mit ihrer Einsatz- und Hilfsbereitschaft diesen Vorsatz ganz praktisch in die Tat umsetzen.
Und wir wollen weitergehen: Wir müssen in der Europäischen Union (EU) schneller und schlagkräftiger werden! Ich begrüße, dass EU und Mitgliedstaaten ihre Gesamtmittel auf 1 Milliarde Euro aufgestockt haben und mit der Ernennung eines Sonderbeauftragten nun eine aktivere Koordinierungsrolle einnimmt. Ich freue mich, dass darüber hinaus mein Vorschlag, eine „Weißhelm“-Truppe aufzubauen, in Europa ein breites und sehr ermutigendes Echo gefunden hat. Wir brauchen eine global einsatzfähige Bereitschaftstruppe von medizinischen und logistischen Experten, um für die nächste Krise besser gewappnet zu sein.
Klar ist: Nur wenn wir an einem Strang ziehen, haben wir die Chance Ebola zudämmen und am Ende hoffentlich zu besiegen.
Quelle: http://www.spd.de/aktuelles/124930/20141029_steinmeier_ebola.html
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