
Seit langer Zeit habe ich nicht mehr so schlecht geschlafen. Irgendwie hatte ich eine innere Unruhe und war doch aufgeregter als ich dachte. Jedenfalls ging es um 7.30 Uhr los, die Abholung am Hotel. Der Bundestag hat für die Abgeordneten im Bereich Berlin einen Fahrdienst, dem man sich bedienen kann. Das läuft eigentlich auch ganz gut, nur nicht an Tagen an denen viele Hundert Menschen zum Reichstag wollen, denn die Konstituierung ist doch etwas ganz besonderes. So auch an diesem Morgen, der Fahrdienst kommt später, aber ich bin kurz nach acht am Reichstag. Gerne folge ich an diesem Morgen der Einladung des Seeheimer Kreises zum Frühstück mit dem Leiter des ARD-Hauptstadtstudios Ulrich Deppendorf. Nicht im Reichstag sondern in der gegenüber liegenden parlamentarischen Gesellschaft findet dieses Frühstück statt. Dort wo an anderen Tagen die Koalitionsverhandlungen stattfinden – spannend! In kleinem Kreis erfährt man viele Hintergründe über die Berichterstattung im Wahlkampf und die Veränderungen im Journalismus. Fazit: Für alle die in der Öffentlichkeit stehen wird es in den kommenden Jahren nicht leichter, Inhalte geraten immer mehr in den Hintergrund, es geht immer mehr um Emotionen!
Um 9.15 Uhr muss ich weiter: Der SWR möchte mich auf der Wiese vor dem Reichstag treffen! Ich bin pünktlich dort, mein CDU-Kollege aus dem Wahlkreis auch. Es soll ein Portrait geben in der Landesschau: „Der erste Tag in Berlin“. Na gut, machen wir das auch mit, denke ich und komme den Wünschen der Journalisten gerne nach. Diese begleiten mich bis in den Fraktionssaal der SPD unter der Kuppel, wo um 10 Uhr die Fraktionssitzung beginnt. Es solle alles so laufen wie vereinbart, unterstreicht dort Fraktionschef Frank Walter Steinmeier und verbreitet damit Ruhe vor allem unter uns Neuen. Schließlich klemmen wir uns an die Fersen der Altgedienten, damit wir auch wirklich den Plenarsaal und den richtigen Platz finden. Denn was ich auch nicht wusste: Es gibt keine festen Sitzplätze, „wer zuerst kommt malt zuerst“ lautet das Motto. Den Plenarsaal betreten zu dürfen ist ein ganz besonderer Moment, da empfinde ich schon etwas ganz Besonderes. Denn ich war zwar schon ganz oft in Berlin und auch schon oft im Reichstag. Aber in den Plenarsaal dürfen wirklich nur gewählte Abgeordnete und deshalb betrete ich diesen auch zum ersten mal in meinem Leben!
Die Sitzung verläuft interessanter als ich dachte: Die Ansprache des Alterspräsidenten Riesenhuber ist launisch, auch der dann gewählte Bundestagspräsident Lammert fasst interessante Aspekte in seiner Begrüßung zusammen. Ob es wirklich notwendig war die Zahl der Vizepräsidenten zu erhöhen, wird kontrovers diskutiert. Klar wird in der Diskussion auch, dass wir als SPD sicherlich viele Übereinstimmungen mit den Fraktionen der Grünen und der Linkspartei haben, die direkt neben uns sitzen. Nach mehreren Sitzungsunterbrechungen und Auszählungen wird die Sitzung mit der Nationalhymne beendet. Ebenfalls ein sehr bewegender Moment für mich, denn hier wurde mir nochmals deutlich, welche Verantwortung mit dem Abgeordnetendasein verbunden sein kann! Wie gesagt: Ein ganz besonderer Moment!
Der Rest des Tages vergeht wie im Flug: Das Handy hört irgendwie gar nicht mehr auf zu klingeln, Wormser Zeitung, Wochenblatt,… alle wollen wissen wie ich den ersten offiziellen Tag erlebt habe. Ich setze mich ins Auto und fahre zur nächsten Wohnungsbesichtigung: Diesmal habe ich wirklich Glück und unterschreibe gleich den Mietvertrag! 45 qm in verkehrsgünstiger Lage, das reicht aus um ab und an in Berlin zu übernachten. Schließlich soll der Schwerpunkt meiner Arbeit im Wahlkreis liegen! So auch heute: Von meiner zukünftigen Wohnung aus geht es direkt zum Flughafen und zurück nach Frankfurt! Gegen 22 Uhr hat Rheinhessen mich wieder! Ein besonderer Tag in meinem Leben geht zu Ende!
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