Endlich freies WLAN

Wann haben Sie zum letzten Mal beim Einkaufen oder in einer Bar die Nutzungsbedingungen bestätigt, um ein offenes WLAN-Netz für Ihr Handy nutzen zu können? Diese Momente erinnern mich stets an die Überarbeitung des Telemediengesetzes, an der ich persönlich mitwirken durfte. Dieses ganz konkrete Ergebnis eines langwierigen parlamentarischen Prozesses, verbunden mit harten Diskussionen mit dem Koalitionspartner, möchte ich Ihnen im Folgenden gerne etwas näher bringen.

Der weitere flächendeckende Ausbau des WLAN-Netzes war bereits seit Jahren ein überfälliges Thema für die digitale Zukunftsfähigkeit Deutschlands. Der rechtliche Rahmen hierfür wird durch das Telemediengesetz festgelegt. Als zuständiger Berichterstatter der Arbeitsgruppe Wirtschaft und Energie der SPD-Bundestagsfraktion war ich täglich in der parlamentarischen Arbeit mit den Änderungsvorschlägen an diesem Gesetz befasst. Nachfolgend möchte ich Ihnen einen Überblick über die wesentlichen Änderungen an diesem Gesetz ermöglichen, an die ich während meiner Zeit als Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft und Energie des Deutschen Bundestages mitgewirkt habe.

Welche Ziele verfolgt der Gesetzentwurf?

Deutschland hinkt bei der flächendeckenden Bereitstellung mit WLAN-Hotspots stark hinterher. Nur 1,9 freie Hotspots pro 10.000 Einwohner konnte Deutschland im Jahr 2015 aufweisen. Zum Vergleich: In Südkorea sind es 37,4, in Großbritannien 28,7 und in Taiwan 10,4. Wir haben den Ausbau von WLAN-Hotspots regelrecht verschlafen und wurden von anderen Ländern überholt.

Konkret geht es dabei um die Paragrafen 8 und 10 TMG-E, mittels derer Rechtssicherheit in Haftungsfragen für die Betreiber geschaffen werden musste. Im Koalitionsvertrag hatten wir dies als „dringend geboten“ bezeichnet. Betreiber von öffentlichen WLANs dürfen künftig nicht mehr für fremde Rechtsverletzungen verantwortlich gemacht werden.

Wir als SPD-Bundestagsfraktion hatten dazu zahlreiche Gespräche geführt und Experten zu dem Thema angehört. So hat beispielsweise der Handelsverband Deutschland in einer Händlerumfrage ermittelt, dass fast die Hälfte der Händler gerne WLAN anbieten würden, jedoch mehr als die Hälfte der Händler rechtliche Risiken als Haupthinderungsgrund sehen, kein WLAN anzubieten. Auch die zahlreichen Freifunkinitiativen konnten wir nicht im Regen stehen lassen, sondern mussten auch ihnen die Rechtssicherheit dahingehend geben, den Ausbau der digitalen Infrastruktur weiter voranzubringen. Diese Beispiele verdeutlichen den Handlungsbedarf, der mit den veralteten gesetzlichen Bestimmungen vorlag.

Nach meiner Auffassung musste die WLAN-Störerhaftung in Deutschland endlich abgeschafft werden. Wir hatten im Koalitionsvertrag festgelegt, dass wir die „Rechtsdurchsetzung insbesondere gegenüber Plattformen verbessern wollen, deren Geschäftsmodell im Wesentlichen auf der Verletzung von Urheberrechten aufbaut“. Wir haben dafür zu sorgen, „dass sich solche Diensteanbieter nicht länger auf das Haftungsprivileg, das sie als sogenannte Hostprovider genießen, zurückziehen können und insbesondere keine Werbeeinnahmen mehr erhalten“ (Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD in der 18. Legislaturperiode, 2013, S. 133/134).

Ein persönliches Gespräch mit Markus Söder, damals bayerischer Staatsminister der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat, erbrachte einen wesentlichen Schritt auf dem Weg zur Beschlussfassung des Gesetzes. Wir haben im Koalitionsvertrag vereinbart, die Potentiale der lokalen Funknetze auszuschöpfen und mobiles Internet über WLAN für jeden verfügbar zu machen. Denn das Recht auf freie und unbeobachtete Kommunikation hat in Deutschland Verfassungsrang. Natürlich muss ermittelt werden, wenn es Anhaltspunkte für Rechtsverletzungen gibt –  aber das kann nicht gleichzeitig bedeuten, dass alle Bürgerinnen und Bürger, die freies WLAN nutzen, unter Generalverdacht gestellt werden. Das muss auch für die digitale Gesellschaft gelten. Die Digitale Agenda hat dieses wichtige Ziel des Koalitionsvertrags aufgegriffen.

Im Gespräch mit Markus Söder

Welche Auswirkungen hat die Gesetzesänderung auf den Alltag der Bürgerinnen und Bürger?

Die Abdeckung mit WLAN-Angeboten hat sich mittlerweile deutlich verbessert. Zwar belegt Deutschland immer noch keinen Spitzenplatz in dieser Kategorie, allerdings ist mit der Abschaffung der Störerhaftung für WLAN-Anbieter die gesetzliche Grundlage dafür geschaffen, dass diese Angebote mit einer hohen Dynamik ausgeweitet wurden. Der weitere Ausbau eines flächendeckenden WLAN-Netzes mit hoher Geschwindigkeit ist von essentieller Bedeutung für die zukünftige digitale Entwicklung in Deutschland. Offen zugängliche Funknetze müssen zu einer Normalität in den öffentlichen Räumen Deutschlands werden. Die Reform des Telemediengesetzes in Bezug auf die Abschaffung der Störerhaftung von Anbietern war ein wichtiger Schritt auf dem Weg dahin. Selbstverständlich werde ich mich weiterhin dafür einsetzen, wegweisende Richtungsentscheidungen in diesem Bereich aktiv zu unterstützen.

Reden von Marcus Held, MdB zur Änderung des Telemediengesetzes im Deutschen Bundestag

244. Sitzung vom 30.06.2017:

https://www.bundestag.de/mediathek?videoid=7125841#url=L21lZGlhdGhla292ZXJsYXk/dmlkZW9pZD03MTI1ODQxJnZpZGVvaWQ9NzEyNTg0MQ==&mod=mediathek

173. Sitzung vom 02.06.2016:

https://www.bundestag.de/mediathek?videoid=6888370#url=L21lZGlhdGhla292ZXJsYXk/dmlkZW9pZD02ODg4MzcwJnZpZGVvaWQ9Njg4ODM3MA==&mod=mediathek

67. Sitzung vom 14.11.2014:

https://www.bundestag.de/mediathek?videoid=4112313#url=L21lZGlhdGhla292ZXJsYXk/dmlkZW9pZD00MTEyMzEzJnZpZGVvaWQ9NDExMjMxMw==&mod=mediathek