Mit seinem Urteil aus dem Februar 2020 hat das Bundesverfassungsgericht dem Deutschen Bundestag die Aufgabe zugetragen, die Suizidbeihilfe in Deutschland gesetzlich neu zu regeln. Eine ethisch und moralisch immens große Aufgabe, zu der es in der vergangenen Woche eine erste Orientierungsdebatte im Plenum des Deutschen Bundestages gab. Auch ich hatte die Gelegenheit hierzu ein paar einleitende Worte beizusteuern, die hier nachgelesen werden können:

Marcus Held (SPD): „Die Würde des Menschen ist
unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung
aller staatlichen Gewalt.“ So steht es in Artikel 1
Absatz 1 unseres Grundgesetzes. – „Jeder hat das Recht
auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er
nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige
Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.“
So steht es in Artikel 2 Absatz 1 unseres Grundgesetzes.


Diese beiden fundamentalen Grundnormen sind es, die
das sogenannte allgemeine Persönlichkeitsrecht bilden,
und diese beiden fundamentalen Grundnormen sind es,
die das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung
vom 26. Februar 2020 als Grundlage genommen hat für
die folgenden Aussagen:


„Das Recht auf selbstbestimmtes Sterben schließt die
Freiheit ein, sich das Leben zu nehmen.“ „Die Freiheit,
sich das Leben zu nehmen, umfasst auch die Freiheit,
hierfür bei Dritten Hilfe zu suchen und Hilfe, soweit sie
angeboten wird, in Anspruch zu nehmen.“


Mit der Pflicht, dieses Recht und diese Freiheit gesetzlich
zu regeln, steht der Deutsche Bundestag, stehen wir
Parlamentarierinnen und Parlamentarier, vor einer
ethisch und moralisch enorm großen Aufgabe. Ich bin
deshalb sehr dankbar, dass es hierzu derzeit fraktionsübergreifend
zwei Anträge gibt, die dankenswerterweise
beide in eine ähnliche, umsichtige und mit Bedacht
gewählte Richtung gehen.


Eine Person, die aus freien Stücken den Wunsch hegt,
dem eigenen Leben ein Ende zu setzen, darf mit einem
solchen Wunsch von der Gesellschaft und auch vom Staat
nicht alleingelassen werden. Deshalb ist es gut und richtig,
dass in beiden Entwürfen ein Recht enthalten ist, sich
Hilfe zu holen. Hierbei empfinde ich es zugleich jedoch
als geboten, diese ärztliche oder persönliche Hilfe zu
flankieren mit einer verpflichtenden professionellen
Beratung. Diese wiederum sollte aus meiner Sicht so ausführlich,
intensiv, ergebnisoffen und zugleich auch flächendeckend
angeboten werden wie nur möglich.


Als Parlamentarierinnen und Parlamentarier stehen wir
bei diesem Thema vielen schwierigen Fragen gegenüber.
Ab wann beispielsweise eine Person in der Lage ist, eine
solche ultimative Entscheidung zu treffen, ist aus meiner
Sicht eine der schwierigsten Fragen. Können wir es uns
erlauben, das Recht auf selbstbestimmtes Sterben Personen
unter 18 Jahren pauschal zu verwehren? Können wir
behaupten, beurteilen zu können, welche persönliche
Reife ein an Leukämie erkranktes 15-jähriges Kind hat?


Hier abzuwiegen und zu entscheiden, ist für mich als
zweifacher Vater einer der schwierigsten Punkte überhaupt.
Ich hoffe deshalb, dass wir in dieser Sache insgesamt
vor einem Entscheidungsprozess stehen, der mit
eben der gebotenen Würde, Seriosität und Ernsthaftigkeit
geführt wird, die dieses so schwierige und ernste Thema
gebietet.