Modernisierung des Vergaberechts

Nach welchen Kriterien öffentliche Aufträge und damit letztendlich die Steuergelder der Bürgerinnen und Bürger vergeben werden, ist zurecht von hohem öffentlichem Interesse. Das Kartell- und Wettbewerbsrecht muss wirksame Grenzen setzen, um die Bildung von Monopolstrukturen zu verhindern und damit die Verbraucher zu schützen. Vor dem Hintergrund der veränderten Bedingungen stellte sich in den letzten Jahren die Frage nach einer sinnvollen Reform der kartellrechtlichen Regelung für digitale Plattformen. Bei der Vergabe von Aufträgen im Wert von mehr als 207.000 Euro sowie bei Bauprojekten im Wert von mehr als 5 Millionen Euro setzen die Bestimmungen des Vergaberechts ein. Diese Vergabe wird im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) umfassend geregelt. Da es in jedem Bundesland hierfür ein eigenes Gesetz gibt, haben wir es hierbei in Deutschland mit einem Flickenteppich aus verschiedenen Regelungen zu tun. Aus meiner Sicht ist es überfällig, hier eine Vereinheitlichung vorzunehmen und die gesetzlichen Grundlagen flexibler und benutzerfreundlicher zu fassen. Als federführender Berichterstatter der SPD-Bundestagsfraktion während meiner ersten Wahlperiode im Bundestag konnte ich mich zu dieser Thematik umfassend einbringen. Während der Beratungs- und Anhörungsprozesse brachten sich zahlreiche Wirtschafts- und Branchenverbände mit ihrer Expertise aus der Praxis ein.

Die 2016 verabschiedete, 9. Neufassung des GWB sieht unter anderem vor, dass die öffentlichen Auftraggeber nun wählen können, welches Verfahren sie bei einer Ausschreibung nutzen. Zur Auswahl stehen offene und nichtoffene Verfahren, das Verhandlungsverfahren und der wettbewerbliche Dialog. Damit wurde für die Auftraggeber, die zuvor nicht zwischen den verschiedenen Verfahrenswegen auswählen konnten, eine substantielle Verbesserung für die Durchführung der Ausschreibungsverfahren   geschaffen. Ebenso kann der Auftraggeber dank der Gesetzesnovelle definieren, welche Kriterien zu welchen Anteilen bei Vergabeentscheidungen berücksichtigt werden sollen. Die besondere Berücksichtigung sozialer und ökologischer Kriterien bei der Auftragsvergabe stellt das Gesetz zudem auf eine zukunftsweisende Grundlage, sodass zukünftig nicht automatisch der günstigste Anbieter den Zuschlag erhält. Ferner besteht für die Auftragnehmer die Verpflichtung auf die Kernarbeitsnormen der internationalen Arbeitsorganisation (ILO). Eine regelmäßige Evaluation soll sicherstellen, dass die Neuregelung die gewünschten Effekte in der Praxis erzielt.

Ein bekanntes Beispiel für die Anwendung des Gesetzes ist die Ministererlaubnis von Sigmar Gabriel zur geplanten Übernahme von Kaiser’s Tengelmann durch EDEKA. Hierzu habe ich mit den Tagesthemen gesprochen:

Weiterhin passt die GWB-Novelle die Rahmensetzung an die gegenwärtigen Gegebenheiten der digitalisierten Wirtschaft an. So werden beispielsweise die digitalen Märkte über Suchmaschinen und Vergleichsportalen und die daraus resultierenden, neuen Bedingungen für den Wettbewerb angemessen berücksichtigt. Auch werden damit die Fusionskontrolle, Schadensersatzansprüche und die Missbrauchsaufsicht im digitalen Bereich geregelt. Die Anpassung des Wettbewerbsrechts an die Erfordernisse der wirtschaftlichen Entwicklungen und soziale wie ökologische Kriterien ist damit keinesfalls abgeschlossen. Daher bleibt es auch in der Zukunft wichtig, diesen Prozess mit Augenmaß und Sachkenntnis zu begleiten.