Mein politischer Werdegang – ein Zwischenstand

Eine politische Karriere kann man nicht planen. Ich hatte sie zumindest nicht vor Augen, als ich regelmäßig die Nachrichten im Fernsehen schaute und mich schon als Kind für aktuelle Themen interessierte. Das intensivierte sich noch in den Jahren darauf, so dass ich mit 15 sicher war, in eine politische Partei eintreten zu wollen. Hauptmotivation war und ist für mich, die Lebensumstände für die Menschen zu verbessern und Anliegen, die sie nicht selbst artikulieren können, auf die Entscheidungswege zu bringen. Politisches Engagement kostet viel Zeit und bringt viel Ärger mit sich, es macht aber auch viel Spaß!

Am 1. Februar 1994 trat ich der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands bei. Mein Parteibuch bekam ich vom späteren Ministerpräsidenten und Parteivorsitzenden Kurt Beck überreicht, der damals noch Fraktionsvorsitzender der SPD im rheinland-pfälzischen Landtag war. Nach 44-jähriger CDU-Regierung bekleidete 1991 mit Rudolf Scharping erstmals wieder ein Sozialdemokrat das Amt des Landesvaters. Für mich war dies ein Zeichen des politischen Aufbruchs.

Als ich mich nach den Möglichkeiten des Engagements bei den Jusos erkundigte, erfuhr ich, dass bisher keine Strukturen vor Ort bestehen. Ich war fest entschlossen, das zu ändern. Ich nahm Kontakt mit der Geschäftsstelle der lokalen SPD auf und ging auf die jungen Parteimitglieder im Alter unter 35 Jahre zu. Kurz darauf konnten wir die Juso-Arbeitsgemeinschaft Grünstadt-Land erfolgreich ins Leben rufen.

Nur ein Jahr darauf, 1995, folgte meine Wahl zum Vorsitzenden des Juso-Unterbezirks Neustadt an der Weinstraße. Bereits damals konnte ich eine Doppelspitze, bestehend aus Annekathrin Gebauer, der späteren Sprecherin der Bundesregierung, und mir in der regionalen Jugendorganisation der Sozialdemokratie etablieren.

Wahl des neuen Vorstands der Jusos Pfalz 1999, dem ich als Beisitzer angehörte. Hier zusammen mit dem damaligen SPD-Landesvorsitzenden Kurt Beck.

Wir fanden stets kreative Formen für Aktivitäten, um unsere politischen Ziele zu vermitteln. Beispielsweise kontaktierten wir regelmäßig alle Betriebe in Grünstadt und Umgebung bezüglich der Situation der Ausbildungsplätze und stellten die Angebote und Bedarfe in einem „Azubi-Katalog“ für Jugendliche auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz zusammen, den wir dann an Infoständen verteilten. Auch im Wahlkampf waren wir aktiv dabei, zum Beispiel mit unserer Aktion „Wir sorgen für Durchblick“: Wir wuschen die Scheiben bei an Ampeln haltenden Autos und übergaben bei dieser Gelegenheit aktuelle Informationsmaterialien.

Eine ganz besondere Begegnung, die mich sehr prägte, war das Treffen mit Bundeskanzler Gerhard Schröder, dem ich 2000 die Kanzlerrebe beim Pfalz-Treffen der SPD überreichen durfte.

Übergabe der Kanzlerrebe an Gerhard Schröder beim SPD-Pfalztreffen in Landau

Während meines gesamten Studiums der Rechtswissenschaften konnte ich als studentischer Mitarbeiter des Bundestagsabgeordneten Klaus Hagemann zahlreiche Einblicke in die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sowie die praktische Organisation der Tätigkeit eines Abgeordneten erhalten. Oftmals durfte ich Klaus Hagemann zu Bürgersprechstunden, Behördenterminen, Empfängen und weiteren gesellschaftlichen Anlässen begleiten.

Schon als studentischer Mitarbeiter bei MdB Klaus Hagemann konnte ich Wahlkampferfahrung sammeln, wie bei der Bundestagswahl 1998, hier im Rathaus Worms am Wahlabend mit Oberbürgermeister Gernot Fischer

Bedingt durch das Studium in Mainz zog ich zum Ende des Jahres 2000 nach Oppenheim um. 2001 übernahm ich das Amt des Schriftführers im SPD-Ortsverein Oppenheim und 2002 folgte meine Wahl in den Vorstand des SPD-Unterbezirks Mainz-Bingen. Im Folgejahr 2003 wurde ich von den Mitgliedern meines Ortsvereins als Kandidat für das Amt des Stadtbürgermeisters von Oppenheim nominiert. Während eines für damalige Verhältnisse sehr umfangreichen und kreativen Wahlkampfes mit zahlreichen Hausbesuchen, Rosenverteilaktionen, Infoständen, Bürgerumfragen und weiteren Formaten lernte ich die verschiedensten Anliegen und Probleme der Menschen vor Ort noch besser persönlich kennen.

Engagement lohnt sich und so wählte mich die Bevölkerung Oppenheims 2004 schließlich mit einem Ergebnis von 54,4 Prozent der Stimmen gegen zwei Mitbewerber zu ihrem neuen Stadtbürgermeister. Worauf mich die Medien erst hinwiesen: Damit war ich mit 26 Jahren nicht nur jünger Bürgermeister von Rheinland-Pfalz, sondern ganz Deutschlands.

Dem öffentlichen Amt folgte auch die weitere Übernahme von Verantwortung in der Partei. So wurde ich 2006 zum Vorsitzenden der SPD Oppenheim gewählt, die damals über etwa 230 Mitglieder verfügte. Bei meinem Ausscheiden aus dem Amt war die Mitgliederanzahl auf rund 360 Genossinnen und Genossen angewachsen, die Mitgliederstruktur hatte sich zudem deutlich jünger entwickelt.

Von 2009 bis 2018 durfte ich meine Heimat und die SPD ebenfalls im Kreistag Mainz-Bingen vertreten und die Themen, die für den gesamten Landkreis von Bedeutung sind, aktiv mitgestalten. Dabei befasste ich mich intensiv mit der Situation der Schulen und trieb insbesondere den Ausbau der Integrierten Gesamtschule voran. Ebenso waren die Entwicklung des öffentlichen Nahverkehrs und der lokalen Abfallwirtschaft von Bedeutung. So konnten die Bürgerinnen und Bürger der Verbandsgemeinde Rhein-Selz durch die Eröffnung eines zweiten Wertstoffhofes in Undenheim von einem wohnortnahen Standort zur nachhaltigen Entsorgung ihrer Abfälle profitieren. 2009 folgte meine erste Wiederwahl als Stadtbürgermeister und die Wahl in das Amt des Ersten Beigeordneten der Verbandsgemeinde Nierstein-Oppenheim.

Nominierung zum Bundestagskandidaten im Wahlkreis Worms-Alzey-Oppenheim im November 2012

2013 durfte ich meinem langjährigen politischen Mentor und Freund Klaus Hagemann in den Deutschen Bundestag nachfolgen. Kanzlerkandidat Peer Steinbrück ließ es sich damals nicht nehmen, bei uns im Bundestagswahlkreis 206 vorbeizuschauen. Mit meiner Wahl über die Landesliste Rheinland-Pfalz verfügte Rheinhessen weiterhin über eine regional fest verankerte sozialdemokratische Stimme im Berliner Parlament. Das kontinuierliche Engagement für die Interessen der Bürgerinnen und Bürger drückte sich 2014 in meiner zweiten Wiederwahl als Stadtbürgermeister aus – mit dem besten Ergebnis der Nachkriegsgeschichte für die Oppenheimer SPD. Von 2014 bis 2018 amtierte ich zudem als stellvertretender Vorsitzender des SPD-Unterbezirks Mainz-Bingen. Für die Bundestagswahl 2017 konnte ich den vierten Platz auf der Landesliste der SPD Rheinland-Pfalz gegen prominente Mitbewerber erkämpfen.

Regionalverbandskonferenz der SPD Rheinhessen im November 2016 in Saulheim.
In einer Kampfabstimmung setzte ich mich gegen den früheren Finanzminister des Landes Rheinland-Pfalz Carsten Kühl durch

Während all dieser Jahre war es mein Hauptanliegen, Partei und Bürgerschaft auf vielfältige und ansprechende Weise zusammenzubringen. Ebenfalls wollte ich die Menschen für das Engagement in einer politischen Partei begeistern, denn Parteien sind der Motor der politischen Willensbildung in unserer Demokratie. Damit wollte ich ebenfalls dem Trend entgegenwirken, dass die Parteien zunehmend schrumpfen und überaltern.

Die Förderung junger Menschen in der SPD lag mir immer besonders am Herzen. Deshalb unterstütze ich sehr intensiv den Aufbau und die Arbeit von jungen politischen Gruppen in der Region und freute mich, dass viele junge Menschen auch als Mitglied den Weg in die aktive politische Arbeit der SPD fanden. Die Möglichkeit, als Praktikant im Bundestagsbüro tiefere Einblicke in die politische Arbeit zu bekommen, ermöglichte mir den Zugang als junger Mensch. Gleiches wollte ich auch vielen jungen Menschen ermöglichen, Die sich so dann selbst auf den Weg machen und heute in vielen politischen Gremien in Rheinhessen sitzen.

Mit Blick auf diesen Anspruch organisierten wir über Jahre hinweg zahlreiche Aktivitäten, Veranstaltungen und Feste die allen Bürgerinnen und Bürgern offenstanden. Auf den Schlachtfesten der SPD in Oppenheim kamen beispielsweise über 250 Menschen zusammen und die Feier zum 1. Mai, die der Ortsverein erstmalig 2003 ausrichtete, besuchten zeitweise über 1.000 Gäste vor der Emondshalle oder auf dem Gelände des Weinguts Paul-Rainer-Gillot. Hinzu kam der traditionelle Neujahrsempfang des Ortsvereins mit dem allseits beliebten Heringsessen. Während des jährlichen Großereignisses „Rheinradeln“, das ich als Stadtbürgermeister wiederbelebt hatte, war die SPD Oppenheim jedes Jahr mit einem Getränkestand präsent. All dies waren Möglichkeiten, bei denen sich zahlreiche Menschen aus der Stadtgesellschaft sowie Besucherinnen und Besucher von auswärts trafen und miteinander ins Gespräch kamen.

Auch bei der im Frühjahr und Herbst stattfindenden Schlemmerwanderung beteiligte sich die SPD von Anfang an, während sich andere Akteure zunächst zurückhaltend zeigten und kein Risiko eingehen wollten. Den Bürgerinnen und Bürgern ist bis heute in Erinnerung: Die SPD packt an, wenn Unterstützung gebraucht wird und bleibt bei den aktuellen politischen Themen stets dabei.

So unternahmen wir mit etwa 150 interessierten Bürgerinnen und Bürgern einen Rundgang über das neu zu erschließende „Krämereck“, das sich mittlerweile zu einem festen Bestandteil der Stadt entwickelt hat. Die Stadtnachrichten der SPD Oppenheim stellen wir unter meiner Verantwortung konzeptionell neu auf, sodass alle Haushalte in drei bis vier gedruckten Ausgaben jedes Jahr über all diese Aktivitäten bestens informiert wurden.

Die überwältigende Beteiligung der Oppenheimer Bevölkerung an den Aktivitäten der Partei bewegen und motivieren mich bis heute. Eine lebendige Demokratie kann nur gelingen, wenn sich die Menschen in ihrem Lebensumfeld engagieren, miteinander auch kritisch austauschen und um die passenden Lösungen in der Sache ringen. Die dynamische Entwicklung der lebendigen Stadtgesellschaft in Oppenheim und die Schaffung vieler bleibender Verbindungen zur Sozialdemokratie sind das Resultat einer großartigen Gemeinschaftsleistung, zu der ich meinen Beitrag leisten durfte und auf die ich bis heute sehr stolz bin!