BERLIN – Die SPD-Bundestagsfraktion stellt sich entschlossen gegen den Missbrauch von Leiharbeit- und Werkverträgen. Das bekräftigten die Sozialdemokraten bei ihrer jüngsten Klausurtagung und untermauerten ihren Standpunkt durch ein entsprechendes Beschlusspapier gegen den systematischen Missbrauch dieser Arbeitsverträge. „Lohndumping, eine gespaltene Belegschaft, eine Beschneidung der Mitbestimmungsrechte: all dem möchten wir mit unseren Vorschlägen entgegenwirken und rufen den Gesetzgeber deshalb dazu auf, dem Missbrauch von Leih- und Werkverträgen ein Ende zu setzen“, sagt Bundestagsabgeordneter Marcus Held (SPD). Der Wirtschaftspolitiker bekräftigt, dass es sich bei Leiharbeit- und Werkverträgen um ein wichtiges Instrumentarium der freien Wirtschaft handle. „Aber wir müssen der Willkür der schwarzen Schafe, die in der absoluten Minderheit sind, im Sinne der Arbeitnehmer Einhalt gebieten.“ Für Leiharbeit und Werksverträge sei es nach Helds Meinung deshalb unabdingbar, die vereinbarten Festlegungen aus dem Koalitionsvertragen zwischen SPD und CDU/CSU konsequent umzusetzen und dabei weitere Vorschläge der SPD miteinzubeziehen.

Für die Leiharbeit fordert die SPD-Bundestagsfraktion die Einführung einer Höchstüberlassungsdauer von 18 Monaten. Eine längere Überlassung darf nur möglich sein, wenn die Tarifpartner und die einzelnen Entleiher-Einzelbranchen eine tarifvertragliche Einigung erzielen, sodass der Entleiher letztlich entsprechend tarifgebunden ist. Denn Held bekräftigt:

„Leiharbeit ist zur Bewältigung von Auftragsspitzen oder zur vorübergehenden Kompensation von Ausfällen in der Belegschaft angedacht. Schon bestehende Arbeitsplätze dürfen dauerhaft nicht mit Leiharbeitern besetzt werden.“

Dem wirke laut Held auch die zweite zentrale Forderung der Sozialdemokraten entgegen: Gleiche Bezahlung nach neun Monaten soll dem Fehlanreiz, Stammmitarbeiter durch Leiharbeiter zu ersetzen, entgegenwirken. Das Abweichen vom sogenannten „Equal Pay“ dürfte nach Meinung der SPD-Bundestagsfraktion nur zulässig sein, wenn Branchenzuschlagstarifverträge spätestens nach sechs Wochen Zuschläge und eine stufenweise Heranführung an Equal Pay vorsehen. Mit Blick auf die Gewerkschaften machen sich die Genossen außerdem dafür stark, ein Verbot für den Einsatz von Leiharbeit als Streikbrecher durchzusetzen. „Das Streikrecht ist im Grundgesetz verankert. Leiharbeiter dürfen nicht zur Umgehung dieses Grundrechts missbraucht werden“, unterstreicht Held. Flankierend zu all diesen Maßnahmen fordert die SPD-Bundestagsfraktion die Stärkung der Mitbestimmungsrechte von Betriebsräten in den Entleihbetrieben hinsichtlich des ordnungsgemäßen Einsatzes von Leiharbeit.

Durch die zunehmende Bekämpfung des Missbrauchs von Leiharbeit haben sich viele Probleme in den Bereich der Werkverträge verlagert. Bei diesen Arbeitsverhältnissen besteht das Hauptproblem im Fehlen einer gesetzlichen Regelung, die Werk- oder Dienstverträge mit Einzelpersonen oder Unternehmen zu Arbeitsverträgen oder Leiharbeitsverträgen klar abgrenzt. „Grauzonen für die Arbeitgeber können durch klare gesetzliche Regelungen verhindert werden“, ist Held überzeugt und unterstützt daher auch für Werkverträge die Forderung seiner Fraktion, die im Koalitionsvertrag festgelegten Vereinbarungen konsequent umzusetzen und auch erneut weitere Vorschläge der SPD miteinzubeziehen.

Konkret fordert die SPD-Bundestagsfraktion die Abschaffung der sogenannten Vorratsverleiherlaubnis. Arbeitgebern wird damit die Möglichkeit genommen, vermeintliche Werkverträge zur Umgehung arbeitsrechtlicher Schutzmaßnahmen nachträglich als Leiharbeit „umzudeklarieren.“ Weiterhin stehen die Sozialdemokraten für eine gesetzliche Fixierung der Abgrenzungskriterien zwischen ordnungsgemäßen und missbräuchlichen Fremdpersonaleinsatz ein. Hierzu sei es in den Augen der SPD-Bundestagsfraktion für die Rechtssicherheit unverzichtbar, im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) das Arbeitsverhältnis (als Unterfall des Dienstvertrages) grundsätzlich zu definieren und so den Arbeitsvertrag vom Werkvertrag abzugrenzen „Damit dies gelingt, braucht es eine Festschreibung der von der Rechtsprechung zur Abgrenzung entwickelten Kriterien zur Unterscheidung von Werkverträgen und Arbeitsverhältnissen“, sagt Held. Darüber hinaus macht sich die SPD-Bundestagsfraktion dafür stark, in diesem Zusammenhang die Beweislastumkehr einzuführen. Sobald ein Beschäftigter nachvollziehbar darlegt, dass Arbeitnehmerüberlassung und keine Werkvertragssituation vorliegt, soll eine Arbeitnehmerüberlassung gesetzlich vermutet werden. Der Arbeitgeber soll eine entsprechende Vermutung erst durch Nachweis des Gegenteils widerlegen können. Auch beim Thema Werkverträge ist es nach Meinung der Sozialdemokraten essenziell, den Betriebsrat zu stärken. Beim Einsatz von Werkvertragsbeschäftigen soll dieser eine Regelungs- und Beratungszuständigkeit hinsichtlich der Themen Arbeitsschutz, Ordnung im Betrieb und Sozialeinrichtungen bekommen. Zusätzlich sollen Betriebsräte das Recht erhalten, über die Anzahl und die vertragliche Ausgestaltung der eingesetzten Werkvertragsnehmer im eigenen Betrieb informiert zu werden. „Gelingt es uns, all das umzusetzen, gehören Schlagworte wie Lohndumping, eine gespaltene Belegschaft oder eine Beschneidung der Mitbestimmungsrechte zukünftig der Vergangenheit an“, bilanziert Held.