19 Dez 2014
Dezember 19, 2014

Fünfte Rede im Deutschen Bundestag

Wegen Verschiebungen im Plenarablauf konnte Bundestagsabgeordneter Marcus Held seine Rede leider nicht mehr halten. Aufgrund zahlreicher namentlicher Abstimmungen hätte sich der Tagesordnungspunkt auf nach 22uhr verschoben, weshalb die Fraktionen beschlossen hatten die Reden zu Protokoll zu geben.

Deshalb hier der Redetext:

Wir befinden uns in der Vorweihnachtszeit, und das ist bekanntlich die Zeit, die vor allem für unsere Kleinsten eine besondere Wirkung hat. Kinder freuen sich über die besondere Atmosphäre, aber auch über Geschenke. Eltern wiederum haben den Wunsch, für ihre eigenen Kinder nur das Beste zu tun, was sich oft am Kaufverhalten äußert. Wenn es denn schon ein Spielzeug sein darf das man kauft, dann will man sich nicht nur ganz sicher sein, dass dieses Spielzeug sicher ist für den Nachwuchs, es muss auch frei von jeglichen Schadstoffen sein. Die Sensibilität in dieser Frage ist in den zurückliegenden Jahren deutlich gestiegen – zum Glück, können wir heute sagen!

Deshalb gibt es unzählige Prüfsiegel, Untersuchungen durch die Stiftung Warentest, gesetzliche Normen mit klar definierten Grenzwerten und sogar europaweit geltende Rechtsnormen. So weit, so gut, könnte man sagen. Aber was passiert, wenn sich herausstellt, dass ein Spielzeug doch nicht die Grenzwerte einhält, dass der Anteil der Schadstoffe sehr viel höher ist als angegeben?

Beispielfall der durch die Medien ging: Beißhilfe für Babys, die als „sicher und schadstofffrei“ deklariert wurde.

Nach einer Untersuchung stellte sich aber heraus, dass krebserregende Stoffe mit hoher Konzentration in diesem Spielzeug vorhanden sind. Konsequenz beim Hersteller: Man habe sich auf die Erfahrungen bei der Aufsichtsbehörde verlassen, und diese wiederum sah „keine akute Gesundheitsgefährdung“. Die Konsequenz war lediglich die Marktrücknahme, es gab noch nicht einmal eine Rückrufaktion des Artikels, der bereits tausendfach ausgeliefert worden war.

Dies kann so nicht sein! Wir brauchen klare Konsequenzen für den Fall, dass Schadstoffe in Spielzeugen bzw. die Konzentration sehr viel höher ist als angegeben.

Die Gesundheit unserer Kinder muss für uns ganz oben stehen. Kinder und Säuglinge sind besonders schützenswert, sie müssen das höchste Gut darstellen.

Deshalb brauchen wir klare rechtliche Vorgaben:

Wir haben in den zurückliegenden Jahren intensiv darüber gestritten, ob die Werte nach deutschem Recht oder nach europäischem Recht mehr Verbraucherschutz bedeuten. Ich sage Ihnen: Das ist völlig egal, wenn die Überschreitung von Schadstoffwerten in Kinderspielzeugen weder in dem einen noch in dem anderen Fall Konsequenzen hat.

Denn: Wie sieht es derzeit aus? Die eben beispielhaft genannte Beißhilfe wurde vom Markt genommen in Deutschland. Sie kam auch auf die europaweite Warnliste RAPEX, die für Behörden europaweit eingeführt wurde.

Aber wir müssen auch kontrollieren dass diese Marktrücknahmen europaweit erfolgen. Wir brauchen also Konsequenzen. Wir brauchen Regelungen für Rücknahmen. Wir brauchen klare Zuständigkeiten.

Dies gilt auch zwischen den Ministerien, denn gerade bei der Frage der Kontrolle von Spielzeugen schieben sich die Häuser die Verantwortlichkeiten hin und her. Wir müssen klar definieren, ob der Bund, die Länder oder gar die EU für diese Rücknahmen zuständig ist und wer diese auch aktiv veranlassen muss.

Es kann nicht sein, dass Kompetenzgerangel entsteht auf Kosten der Gesundheit unserer Kinder. Verbraucherschutz muss hier sehr ernst genommen werden; sonst ist das Vertrauen der Verbraucher aus nachvollziehbaren Gründen nicht mehr gegeben.

Ich möchte an dieser Stelle auch betonen, dass die Regelungen sowohl für Spielzeugimporte als auch für in Deutschland produziertes Spielzeug gelten müssen. Denn rund die Hälfte der Spielwaren, die sich im Handel befinden, wird in Deutschland produziert. Wir haben 670 Spielwarenhersteller in Deutschland. Der Spielwareneinzelhandel macht jährlich rund 2 Milliarden Euro Umsatz.

Hieran sind mehr als 3 000 Unternehmen beteiligt.

Bei den Importen ist China mit fast 90 Prozent aller Spielwaren das größte Herstellerland. Leider haben hier gemeinsame Maßnahmen der Bundesregierung mit der Volksrepublik China bisher nicht gegriffen.

Wir müssen also handeln, bei den Importen wie auch bei dem hier hergestellten Spielzeug.

Wie können wir dies tun? Mit Prüfsiegeln zum Beispiel? Die gibt es ja bereits, sogar in großer Zahl! Es gibt das Gütesiegel für Sicherheit, GS, Ökotex Standard 100, VDE-Zeichen, TÜV-Proof Zertifiziertes Spielzeug vom TÜV Rheinland, TOX-Proof, für schadstoffarme Produkte vom TÜV Rheinland, Blauer Engel, LGA Qualitäts-Zertifikat und viele mehr.

Aber bei so vielen Gütesiegeln ist es den Verbrauchern doch gar nicht mehr zuzumuten, prüfen zu können, ob das Prüfsiegel wirklich stimmt und was es inhaltlich bedeutet.

Wie können wir noch handeln? Sie schlagen vonseiten der Linken mit Ihrem Antrag vor, die Marktüberwachung von Spielzeugen auf Bundesebene zu heben.

Wir sind uns nicht sicher, ob dadurch tatsächlich die Qualität und die Intensität der Kontrollen verbessert werden kann oder ob es nicht sogar besser ist, wenn die Länder und kommunalen Prüfbehörden wissen, wo sie vor Ort bei Produzenten ansetzen müssen.

Außerdem haben sich 2013 die Länder in einem geradezu mustergültigen Staatsvertrag darauf geeinigt, die Koordinierung durch eine einheitliche Stelle durchzuführen, nämlich durch die Zentralstelle der Länder für Sicherheitstechnik.

Wir sind mit Ihnen der Meinung, dass die Überwachung der Produktsicherheit noch nicht befriedigend funktioniert. Deshalb wollen wir als SPD die Überwachung insgesamt besser vernetzen, einheitliche Standards finden und für eine bessere Kontrolldichte sorgen.

Wir wollen dies für Spielzeug, aber genauso für Lebensmittel und Bedarfsgegenstände.

Lassen Sie uns gemeinsam und schnell sicherstellen, dass Spielzeuge mit hohem Schadstoffgehalt schon gar keine Chance mehr haben auf den Markt zu gelangen, dass Firmen, die solche Spielzeuge in den Umlauf bringen, mit empfindlichen Konsequenzen zu rechnen haben, dass diese Spielzeuge auch deutschland- und europaweit ganz schnell aus den Warenregalen geholt werden. Im Interesse unserer Verbraucherinnen und Verbraucher und ganz besonders im Interesse des Wichtigsten, was wir haben – nämlich unserer Kinder.