Bezahlbares Wohnen für alle

Wussten Sie, dass die Mehrzahl der Spanier, Italiener oder Russen im eigenen Heim wohnt, die Mehrzahl der Deutschen dahingegen zur Miete? Diese Situation ist das bittere Ergebnis einer strukturellen Problematik in Deutschland, nämlich fehlenden Anreizen und Förderinstrumenten zum Eigentumserwerb. Der Staat sollte die Schaffung von Eigentum für Arbeitnehmer wieder stärker fördern und grundsätzlich den Anreiz zum Eigentumserwerb in Deutschland stärker in das Zentrum der wohnungspolitischen Bemühungen auf verschiedenen Ebenen stellen. Insbesondere in Zeiten unsicher werdender Rentenfinanzierung bietet das Eigenheim eine grundsolide Absicherung im Alter.

Durch die Abschaffung der sogenannten E10-Abschreibung und weiterer Abschreibungsmöglichkeiten, die zumindest in ihrer Wirkung stark zurückgefahren wurden, stellt sich die Situation für potentielle Eigenheimbauer nicht gut dar. Damit wurde die steuerliche Wohnungsbauförderung für Privatpersonen faktisch auf null gesetzt. Wohneigentum darf aber nicht zu einem Privileg für Besserverdienende werden, die die Aufwendungen für Zinsen und zahlreiche Nebenkosten beim Eigentumserwerb mit ihren Steuern verrechnen können. Damit kann sich der Besserverdienende bequem Eigentumserwerb zu einem größeren Eigenanteil leisten, während die „Kleinen“ durch  ihre Mieten die Zinsen und Tilgung zahlen.

Daneben ist es höchste Zeit, genügend neuen, zusätzlichen bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, was nur durch die öffentliche Hand möglich ist. Zwar hat der Bund schon seit über 20 Jahren dafür finanzielle Mittel an die Länder bereitgestellt, aber diese haben die Mittel oftmals zweckentfremdet genutzt. Der öffentlich geförderte Wohnungsbau bleibt bis heute auf der Strecke.

Zudem haben vermögende ausländische Privatpersonen die im internationalen Vergleich – man denke nur an die Preise in Frankreich, Großbritannien oder den USA – relativ günstigen Preise für Wohneigentum in Deutschland genutzt, um für die Mittelschicht noch erschwingliche Bestände an Wohneigentum aufzukaufen. Dies hat zu einer extremen Verschärfung der Lage am deutschen Wohnungsmarkt geführt, insbesondere in den Ballungsräumen.

Zahlreiche immer neue Regularien, bürokratische Hürden und umständliche Vorschriften für Baugenehmigungen hemmen die Privatinvestitionen im Wohnungsbau derzeit massiv. Technisch bestehen mittlerweile die Möglichkeiten, zahlreiche Prozesse digital zu gestalten und bürokratischen Zeit- und Ressourcenaufwand hier effektiv zu reduzieren. Davon würden nicht nur die heimischen Privatinvestoren profitieren, sondern auch die Bauwirtschaft in Form von zunehmenden Aufträgen.

Ein zentrales Problem ist die restriktive Kreditvergabe infolge der Regulierungsverträge Basel II und Basel IV. Für Normalverdiener ist es mittlerweile häufig unmöglich, einen Kredit zu erhalten und ohne diesen ist der Wohnungserwerb mit Ausnahme von Erbschaften kaum erschwinglich. Um den Traum von den eigenen vier Wänden auch für kleine und mittlere Einkommen zur Realität werden zu lassen, bedarf es massiver Förderungen von staatlicher Seite, beispielsweise in Form von Sicherheitsgarantien für Wohnungskredite. Auch bei bereits bestehenden Maßnahmen, zum Beispiel den Förderprogrammen der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), gilt es, die Einstiegshürden zu senken, damit diese Instrumente eine Breitenwirkung entfalten können. Um es ganz praktisch auszudrücken: Wer in ein Flugzeug steigt, bucht in der Regel erst einen Sitzplatz, bevor er über ein Upgrade nachdenkt. Letzteres trifft leider auf die Inanspruchnahme der aktuellen Fördermöglichkeiten in der Praxis zu.